Gründung der Arbeitwohlfahrt in Deutschland
Der Erste Weltkrieg hat das Deutsche Reich zerstört. Millionen Menschen hungern, sind ohne Obdach und in Not. Erstmals im industrialisierten Deutschland erlebt die Bevölkerung eine Massennotlage, die alle betrifft und durch alle Schichten geht. Die Notwendigkeit zu helfen, ist überall spür- und sichtbar.
Die Sozialdemokratin Marie Juchacz, Frauensekretärin beim Parteivorstand der SPD und Mitglied der Weimarer Nationalversammlung stellt aufgrund der Not und aufgrund des politischen Ziels, den Weg einer modernen Wohlfahrtspflege zu beschreiten, am 13. Dezember 1919 in der SPD den Antrag auf die Einrichtung einer „sozialdemokratischen Wohlfahrtspflege“ und ruft den „Hauptausschuss der Arbeiterwohlfahrt“ in der SPD ins Leben.
1926 wird die Arbeiterwohlfahrt als Reichsspitzenverband der freien Wohlfahrtspflege anerkannt. Die Weltwirtschaftskrise, die Notverordnungen und die nicht stabilen Verhältnisse der Weimarer Republik machen die Tätigkeiten der Arbeiterwohlfahrt unentbehrlich.
Die Gründung des Kreisverbands Frankfurt am Main
Bereits Ende 1919 wird in Frankfurt am Main ein Ortsausschuss der Arbeiterwohlfahrt gegründet. Frankfurt ist, wie alle großen Städte in Deutschland, stark vom wirtschaftlichen Elend, Hunger und Not geprägt. Auch in Frankfurt am Main sind es die Frauen, die die Gründung des Kreisverbands prägen - Frauen wie Lina Ege, Henriette Fürth, Johanna Kirchner, Marie Bittorf und Johanna Tesch, die durch Sozialpolitik ungerechte Gesellschaftssysteme verändern wollen.
Sammlungen und Spenden
Die Mittel der Arbeiterwohlfahrt stammen aus Sammlungen und Spenden und es sind zunächst die elementaren und praktischen Dinge, mit denen geholfen wird. Die zentrale Hilfe zum Überleben steht im Mittelpunkt: Milch wird an Kinder verteilt, es werden Essenkarten an bedürftige Familien verteilt, Erwerbslosenküchen werden betrieben, Kleider- und Schuhspenden organisiert. Noch gibt es keine Mittel für eigene Einrichtungen. Das Hauptziel in den Gründerjahren in Frankfurt ist es, die städtische Sozialpolitik zu fördern und mitzubestimmen. Armenpflege soll durch Wohlfahrtsfürsorge ersetzt werden.
Die Erwerbslosenküchen
Ein erstes Büro hat die Arbeiterwohlfahrt im alten Gewerkschaftshaus Ecke Stoltzestraße/Allerheiligenstraße. Hier ist die Auskunftsstelle und hier arbeitet Johanna Kirchner als Bürokraft. Am 12. Juli 1931 wird das neue Gewerkschaftshaus eingeweiht und dort zieht dann auch die Arbeiterwohlfahrt mit ein.
Verfolgung im Nationalsozialismus
Die Verfolgung und Ermordung durch das Nazi-Regime trifft auch die Sozialdemokraten und die Arbeiterwohlfahrt. Am 30. Januar 1933 kommt Adolf Hitler an die Macht und bereits am 2. Mai 1933 wird das Gewerkschaftshaus durch Nationalsozialisten besetzt. Am 15. Juli 1933 erscheint die Ausgabe der Zeitschrift „Arbeiterwohlfahrt“ mit dem Hakenkreuz. Doch der Versuch, die Arbeiterwohlfahrt in die nationalsozialistische Volkswohlfahrt zu überführen, scheitert an den Mitgliedern, Helferinnen und Helfern und Funktionären. Vermögen und Einrichtungen werden auf nationaler Ebene beschlagnahmt. Die Arbeiterwohlfahrt wird zwangsaufgelöst und enteignet.
Marie Juchacz und viele andere müssen Deutschland verlassen und fliehen ins Exil. Führende Frauen und Männer werden verfolgt und ermordet.
Neubeginn in Frankfurt am Main nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs gibt es eine schreckliche Bilanz: Viele führende Mitglieder der Arbeiterwohlfahrt sind tot und alle Mittel sind durch Enteignung verloren. Dennoch finden sich in den Trümmern Frankfurts am Main, der Stadt, in der noch 230.000 Menschen leben, alte und neue Freunde der Arbeiterwohlfahrt zusammen, um die soziale Arbeit wieder zu beginnen.
Den Menschen fehlt es an Wohnraum, Nahrung und Kleidung. Heimkehrer und Flüchtlinge strömen in die Stadt. Hunger, Unterernährung, Wohnraumnot – das sind die zentralen sozialen Aufgaben.
Improvisieren heißt die Kunst und so wird z.B. aus einem Bunker der erste Kindergarten der Arbeiterwohlfahrt in Frankfurt. Noch ohne Büro, Schreibgeräte und ähnliches, beginnen die ersten Beratungen, die ersten Ortsvereine sind da. Bornheim und Sachsenhausen machten den Anfang.